Dritter Advent | Gaudete

Predigt von P. Georg Kappeler SJ
Dritter Adventssonntag | Gaudete

Vor Jahrzehnten, als noch alles in Latein war in der Messe, begann der Kantor am dritten Advent zu singen „Gaudete“. Das Gaudete ist als Name für den dritten Advent geblieben. Zu Deutsch: Freut euch! Dieser Aufruf bringt mich dazu,  einfach zu fragen: Wann warst du das letzte Mal froh? Wann hast du dich zuletzt wirklich gefreut? Und was war das, was dich froh gemacht hat? Darf ich die Frage auch an Sie weiter geben?

Die Freude ist heute das Thema.

Es ist immer wieder die Freude des Mannes aus Nazareth, von der Freude seines Gottes zu reden, von einem Gott zu reden, der sich freut über die Sünder, über die Verlorenen, über die schuldig Gewordenen. Nach der Bildgeschichte vom verlorenen und verirrten Schaf herrscht im Himmel mehr Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt. Und nach der Bildgeschichte vom verlorenen Sohn ist Gott wie ein Vater, der nach der unerwarteten und doch erhofften Rückkehr seines Sohnes ein fröhliches Fest zu feiern beginnt. Jesus lässt uns eindeutig wissen, die Freude ist ein Charakterzug seines und unseres Gottes, seines und unseres Vaters. ⇒⇒⇒


Bei Paulus ist die Freude eine Grundhaltung des Christen. Für Paulus gehört die Freude zum Markenzeichen der neuen Existenz in Christus. „Gaudete – freut euch“, das schreibt Paulus in seinem Brief an die Christen in der Stadt Philippi. Diese in Christus begründete Freude hat nichts zu tun mit billigem Optimismus, mit Problemverdrängung oder mit Überspielen der Konflikte in der Welt. In seiner Freude lebt der Christ nicht gegen die Konflikte, sondern in ihnen, nicht mit dem Rücken zu den Problemen, sondern im Widerstand gegen sie. Kurz, christliche Freude macht fähig, in der Welt zu leben, ohne sich von den Widersprüchen der Welt erdrücken zu lassen.

Ein frohes Fest, das hören und wünschen  wir in diesen Tagen immer wieder. Von alleine stellt es sich aber wohl nicht ein. Wie sieht es aus mit unserer Vorbereitung? Wie sehr haben wir uns schon eingestellt, dass Weihnachten uns wieder ergreifen will, dass Gott uns entgegen kommt und uns befreien will von allem, was uns niederdrückt und unfrei macht?

Froh werden meint nicht, alles schön zu reden oder schön zu färben. Wirkliche Freude am Leben und im Leben stellt sich dann ein, wenn ich Frieden schließen kann mit dem, was ich auch an Dunklem und Schwerem erlebe und erfahre. Wenn ich also im wahrsten Sinn des Wortes zufrieden werde. Wenn ich angesichts des Unvollkommenen und Gebrochenen schon das Gute sehe.

Ich glaube, diese Übung, die uns die heutige Lesung aus dem Brief von Paulus an die Christen in Saloniki mit auf den Weg gibt, das Üben in der Nachfolge der Freude, ist nicht einfacher als die Nachfolge im Tragen des Schweren. Die Nachfolge der Freude hält uns dazu an, immer, wirklich immer nach dem Ausschau zu halten, was mich an mir selber und am anderen froh machen kann. Das ist ein gutes Stück Arbeit. Denn den berühmten Splitter im Auge des Nachbarn sehen wir einfach viel schneller. Das Gute müssen wir sehen wollen. Der dritte Advent lädt uns ein, den Versuch zu machen: das Gute bewusst sehen zu wollen. Es ist eine optimale Vorbereitung auf das kommende Fest, das bei mancher Familienfeier auch schwierige Begegnungen bescheren wird.

Das Fest, die Botschaft der Weihnacht ermutigt uns zum Frohwerden. „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seines Wohlgefallens“, so singen die Engel in der Heiligen Nacht. Das will sagen, Gott hat sein Wohlgefallen an uns. Wir können Frieden machen mit uns und dem Mitmenschen nebenan.

Christus, der Herr,
auf dessen Kommen wir warten,
und der an Weihnachten geboren wird,
ER – leuchtendes Licht in unsere Welt.

Christus, der Herr,
der im Stall geboren wird,
in ganz einfachen Verhältnissen.
ER – Quelle der Hoffnung in unserer Welt.

Christus, der Herr,
der als Kind zu den Menschen kommt,
klein und schwach.
ER – Kraft für den Frieden in unserer Welt.

Christus, der Herr,
zu dessen Krippe die Hirten eilen
und auch die drei Weisen aus dem Morgenland,
ER – Ursprung für den Glauben in unserer Welt.

In heutige Sprache und heutige Weltsituation übersetzt, wird das so heißen:

Eigentlich brauchen wir jemanden,
der den weltweiten Problemen
nicht aus dem Weg geht,
der die reichen und armen Völker
miteinander versöhnt.
Der nicht nach Hautfarbe
und Intelligenz einteilt,
der sich nicht für die Mächtigen
und Tüchtigen interessiert

Eigentlich brauchen wir jemanden,
der gelegen oder ungelegen die Wahrheit sagt,
der uns liebesfähig macht,
der uns befreit von Sorgen,
Angst und Aggressionen

Eigentlich brauchen wir jemanden,
der uns braucht, ohne uns zu missbrauchen,
der uns verzeiht und nichts nachträgt,
der uns klare Sicht gibt in Entscheidungen,
auf den wir uns verlassen können

Wir brauchen Dich
Vielleicht gerade Dich
in Deiner Hilflosigkeit
Als Kind von Bethlehem